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Kleben und kleben lassen?

Jeder kennt sie, denn kaum jemand vor ihnen wurde allein durch Sekundenkleber verurteilt. Die letzte Generation ist für ihre Proteste durch Straßenblockaden oder das Beschmieren öffentlicher Kulturgüter bekannt. Das Bündnis aus deutschen und österreichischen Klimaaktivisten wurde erstmals durch die BILD-Zeitung als „Klimakleber“ abgestempelt – ein Name, der sich europaweit bewahren sollte. Wieso sind die Klimakleber jedoch problematisch? Kämpfen sie nicht etwa für einen guten Zweck?

Der Name der letzten Generation soll betonen, dass diese Generation die letzte ist, die gegen die Klimakrise noch etwas bewirken kann. Die letzte Generation führt ihre Proteste in Form von zivilem Ungehorsam aus. Vereinfacht gesagt: Sie wollen ihre Anliegen friedlich und gewaltlos an die Öffentlichkeit tragen. Darunter verstehen sie das Festkleben auf befahrenen Straßen oder Flughäfen, um den Verkehr zu blockieren. Darüber, ob solche Aktionen friedlich und nicht etwa terrorisierend gegenüber dem normalen Bürger sind, lässt sich streiten. Laut einer Umfrage empfindet nur ein Achtel der deutschen Bürger die Klebe-Aktionen der letzten Generation als gerechtfertigt. Die Klimakleber selbst äußerten, dass ihnen das Kleben keinen Spaß mache, jedoch erachten sie es als notwendig, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.

So fordert dieses Bündnis der Klimaaktivisten von der Regierung folgendes: das Einhalten des Pariser Übereinkommens und das 1,5-Grad-Ziel. Außerdem wünschen sich die Klimakleber die Gründung eines sogenannten „Gesellschaftsrats“.

Dieser Gesellschaftsrat soll sich an dem existierenden Bürgerrat orientieren und sich aus 160 Bürgern und Bürgerinnen zusammensetzen. Auf der Webseite der letzten Generation wird die Zusammensetzung folgendermaßen beschrieben: „Er setzt sich aus zufällig gelosten Menschen zusammen, die die Bevölkerung Deutschlands nach Kriterien wie Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss und Migrationshintergrund widerspiegeln sollen.“

Ein derartiger Gesellschaftsrat würde einige neue Problematiken eröffnen. Der Soziologe Dieter Rucht spricht in einem Gastbeitrag in der Zeit von purem Idealismus. Deutschland sei ein souveräner Staat, wodurch die Ergebnisse des Gesellschaftsrats rasch abgelehnt werden könnten – er könnte rein gar nichts bewirken. Außerdem soll dieser Gesellschaftsrat aus der Kasse des Bundestags finanziert werden. Dadurch würde die Politik mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit großen Einfluss auf die Entscheidungen ausüben. Das Ziel von bürgerlicher Partizipation wäre verfehlt. Des Weiteren würden die meisten der ausgelosten Menschen die Teilnahme höchstwahrscheinlich ablehnen, weil sie bereits durch ihren Beruf und ihr Privatleben ausreichend um die Ohren haben. Nicht zu vergessen, dass 160 Bürger und Bürgerinnen nicht als repräsentativ für über 80 Millionen Menschen gelten können.

Eine einzige Klima-Klebe-Aktion nimmt mehrere Stunden in Anspruch, da die Polizei jedes Mal erscheinen muss. Dadurch wird auch der Verkehr sehr lange aufgehalten. Genervte Stimmen in den sozialen Medien und in der Gesellschaft fordern, dass die Klimakleber, einfach kleben gelassen werden sollen. Sie entscheiden sich dazu, sich festzukleben, dann müssen sie auch mit den Konsequenzen leben. Viele wissen nicht, dass die Polizei verpflichtet ist, die Klimakleber vor potenziellen Gefahren zu schützen. Zu solchen Gefahren zählen Angriffe, gesundheitliche Schäden durch extreme Temperaturen und das An- und Überfahren werden. Kleben lassen wäre demnach ordnungswidrig.

Vor rechtlichen Konsequenzen können die Klimakleber nicht geschützt werden. In Bayern folgt auf Straßenblockaden mehrtägige Präventivhaft. Allgemeingültig können wegen des Klebens sowohl Freiheitsstrafen als auch Geldstrafen verhängt werden.

Der Zweck der Klebe-Proteste ist selbstverständlich richtig, jedoch erreicht die letzte Generation das Gegenteil von einem stärkeren Umwelt- und Klimabewusstsein. Wer will sich denn noch für das Klima einsetzen, wenn die Aktivistenbündnisse sich entweder, wie Fridays for Future, an der Seite der Terroristengruppe der Hamas positionieren oder die Bürger während eines stressigen Arbeitstages durch Sekundenkleber belästigen? Eins steht fest: Klimaaktivismus geht anders, denn unsere Demokratie lässt sich nicht erpressen!

 

„Lützerath ist das falsche Symbol“

Lützerath soll als letztes Dorf in Nordrhein-Westfalen für den Braunkohleabbau abgerissen werden. Doch dieser Beschluss ist für viele Klimaaktivist/-innen unvereinbar.

 

Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck beschließt gemeinsam mit der ebenfalls grünen NRW-Energieministerin Mona Neubaur und dem großen Energiekonzern RWE mit Sitz in Essen, dass zwei eigentlich schon abgeschaltete Kohlekraftwerke bis 2030 weiterlaufen dürfen. Außerdem soll die Kohle unter dem Dorf Lützerath in Nordrhein-Westfalen abgebaggert werden, doch dafür darf RWE ihre Kohlekraftwerke nur noch bis 2030 statt bis 2038 laufen lassen. Dadurch werden die fünf  nordrhein-westfälischen Dörfer Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath vor dem geplanten Kohleabbau des RWE-Tagebaus Garzweiler und Garzweiler II gerettet.

 

“Und richtig war, leider, die Gasmangellage […] abzuwehren […] durch zusätzliche Verstromung von Braunkohle[…]“

Robert Habeck

 

Aktivismus

Dementgegen sprechen viele Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die mittlerweile schon monatelang in selbstgebauten Unterkünften, auf dem zur Verfügung gestellten Gebiet eines Bauern, wohnen und Aktivismus betreiben. Sie meinen, dieser Beschluss sei nicht mit dem bereits im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbarten 1,5-Grad-Ziel konform. Selbst die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg wurde mit circa 60 anderen Demonstrierenden von der Polizei von der gefährlichen, steilen Abbruchkante des Tagebaus weggetragen, identifiziert und am Abend wieder freigelassen.

 

“Yesterday I was part of a group that peacefully protested the expansion of a coal mine in Germany. We were kettled by police and then detained but were let go later that evening. Climate protection is not a crime.”

Greta Thunberg auf Twitter

 

Laut eigenen Aussagen möchte der Konzern bis 2030 50 Milliarden Euro in eigene Erneuerbare Energien investieren und 2040 sogar klimaneutral sein. Das 1,5-Grad-Ziel sei mit dem Emissionshandelsystem ETS, das die CO₂-Emissionen von unter anderem Kohlekraftwerken gleich verteilen soll, einhaltbar. Laut RWE konnten die knapp 100 Einwohner/-innen bis April 2017 erfolgreich in einen 8 Kilometer entfernten, “mit ihnen ausgewählten und geplanten Standort” Neu-Immerath zwangsumgesiedelt werden. Außerdem verwendet RWE auf ihrer Webseite ausschließlich den harmloseren Begriff “Rückbau” statt beispielsweise “Abriss” und wiederholt, dass “alle erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse” vorlägen. Der Konzern bezeichnet das Dorf auch schon als “ehemalige Siedlung Lützerath”.