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Was führt zu einer Drogensucht? Drogen, oder?

Wenn konfrontiert mit der Frage „Was führt zu einer Heroinsucht?“ antworten viele mit „Naja, Heroin macht heroinabhängig, richtig?“. Und von einem chemischen Standpunkt aus betrachtet stimmt das schon. Es gibt chemische Haken im Heroin, die unser Körper anfangen würde, physisch zu brauchen. Wenn zum Beispiel 20 Leute 20 Tage Heroin konsumieren würden, würden sie am 21. Tag das Heroin brauchen. Sie würden sich körperlich danach sehnen. Aber stimmt das wirklich?

Stellen wir uns ein Szenario vor. Wenn einer von uns hier rausgeht, von einem Bus angefahren wird und sich die Hüfte bricht, wird er ins Krankenhaus gebracht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man ihm eine Menge Diamorphin verabreichen wird. Diamorphin ist Heroin. Es ist auch viel besser als das Heroin, das man auf der Straße bekommt, denn es ist medizinisch rein, richtig? Es ist wirklich starkes Heroin. Es wird ihm über einen längeren Zeitraum verabreicht. Das geschieht in jedem Krankenhaus der entwickelten Welt, nicht wahr? Wenn das, was wir über Sucht denken, richtig ist, dann sollten diese Menschen als Süchtige entlassen werden. Jedoch erwartet man trotzdem nicht, dass seine Großmutter durch ihre Hüftoperation zu einem Junkie geworden ist. Also stimmt hier etwas nicht. Entweder ist meine Oma tatsächlich ein Junkie und sie verheimlicht es, oder Drogen wirken nicht wirklich so, wie wir denken.

Der Irrglaube über die Natur der Drogensucht geht ursprünglich auf eine Reihe von Experimenten zurück, die im frühen 20. Jahrhundert durchgeführt wurden. Diese Experimente sind richtig simpel, so unkompliziert, dass man sie sogar zuhause durchführen könnte. Setze eine Ratte in einen Käfig und gib ihr zwei Wasserflaschen. Eine ist nur Wasser, die andere ist mit Heroin oder Kokain versetzt. Wenn man das macht, wird die Ratte fast immer das mit Drogen versetzte Wasser bevorzugen und sich somit schnell selbst töten, nämlich innerhalb von ein paar Wochen. Das ist es also. Das Rätsel ist gelöst.

Das war so, bis Bruce K. Alexander, ein kanadischer Psychologe, 1978 die Rattenpark-Studie durchführte und damit das Verständnis von Sucht revolutionierte. Bruce sagte: „Nun, wartet mal einen Moment. Wir setzen die Ratte in einen leeren Käfig. Sie hat nichts zu tun. Versuchen wir es doch mal anders.“ Also baute Bruce den Rattenpark. Der Rattenpark ist wie ein Paradies für Ratten, wo sie alles haben, was sie brauchen könnten. Sie haben Bälle und Räder zum Spielen, sie haben leckeres Futter, und vor allem haben sie andere Ratten, mit denen sie sich vergesellschaften und paaren können. Und sie haben wieder die zwei Wasserflaschen. Interessant ist, dass die Ratten im Rattenpark das mit Drogen versetzte Wasser nicht mögen. Sie trinken kaum etwas davon. Selbst wenn sie aus der mit Drogen gefüllten Flasche tranken, taten sie dies nur gelegentlich, nicht zwanghaft, und keine einzige Ratte hatte eine Überdosis.

Zur gleichen Zeit wie der Rattenpark fand etwas anderes sehr Interessantes statt, was ebenfalls die gleiche Sache zeigt. Im Vietnamkrieg haben zwanzig Prozent der amerikanischen Truppen in Vietnam viel Heroin konsumiert. Und wenn man sich die Berichte aus dieser Zeit anschaut, waren sie wirklich besorgt. Sie dachten – weil sie an die alte Theorie der Abhängigkeit glaubten – „Mein Gott, diese Jungs werden alle nach Hause kommen, und wir werden eine Menge Heroinabhängige auf den Straßen der USA haben.“ Und was geschah? Sie kamen nach Hause, und fast alle hörten einfach auf, denn wenn man aus einem höllischen Dschungel herausgeholt wird, in dem man nicht sein will, in dem man jeden Moment sterben kann, und man in ein nettes Leben in Wichita, Kansas, zurückkehrt, kann man es ertragen, in seinem Leben präsent zu sein. Vergiss die Drogengesetze, Alkohol ist doch nicht illegal, oder? Aber wir sehen nicht überall jede Menge Betrunkene. Zumindest nehme ich an, dass wir das nicht tun. Das liegt daran, dass die meisten Menschen etwas zu tun haben, was sie tun wollen. Sie haben Dinge, für die sie in ihrem Leben präsent sein wollen.

Also zeigte Bruce, dass beide alten Theorien über Sucht falsch sind. Die erste Theorie besagt, dass es sich um ein moralisches Versagen handelt, dass man ein Hedonist ist, dass man zu viel feiert. Die andere besagt, dass die Sucht dich übernimmt, dein Gehirn wird übernommen. Bruce sagt, es liegt nicht an der Moral, es liegt nicht an dem Gehirn, es liegt an dem Käfig. Sucht ist größtenteils eine Anpassung an die Umgebung. Der derzeitige Kampf gegen Drogen basiert auf der Vorstellung, dass die Chemikalien die Sucht verursachen und dass wir diese Chemikalien physisch vom Angesicht der Erde entfernen müssen. Aber anscheinend sind es nicht die Chemikalien, sondern die Isolation und der Stress, die die Sucht verursachen. Das wirft plötzlich einen scharfen Kontrast dazu auf, dass wir den Süchtigen noch mehr Isolation und Stress auferlegen, um sie zum Aufhören zu bewegen, was wir derzeit auch tun.

Ein aktuelleres Beispiel hierfür war die Covid-Pandemie. Studien deuten darauf hin, dass nicht nur viele Arten des Drogenkonsums, sondern auch der Alkoholkonsum in den Vereinigten Staaten seit der Ausrufung des nationalen Notstands im März 2020 erheblich zugenommen haben, insbesondere bei Menschen, die an klinischen Angststörungen und Depressionen leiden, sowie bei Menschen, die COVID-19-bedingten Stress erleben. Die Forscher stellten fest, dass die Zahl der positiven Drogentests auf Fentanyl, Kokain, Heroin und Methamphetamin im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen ist. Eine Online-Umfrage ergab, dass Erwachsene, die vor der Pandemie monatlich oder seltener als wöchentlich Cannabis konsumierten, während der Pandemie mit größerer Wahrscheinlichkeit einen erhöhten nichtmedizinischen Konsum aufwiesen.

Laut der Umfrage von Monitoring the Future, die den Drogen- und Alkoholkonsum unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen misst, ging dieser Konsum im Jahr 2021 jedoch deutlich zurück. Dies ist der größte Rückgang des Gesamtkonsums illegaler Drogen in einem Jahr seit Beginn der Umfrage im Jahr 1975. Diese Zahlen blieben im Allgemeinen auch im Jahr 2022 konstant.

Dies zeigt, dass Menschen, die in Situationen geraten, in denen sie isoliert sind und niemanden mehr haben, der ihnen bei der Überwindung von Stress und Angst hilft, sich dem falschen Trost und der Euphorie der Drogen zuwenden, um irgendeine Art von Ausweg zu finden. Die hilfreichste Lösung ist jedoch, sie nicht ohne angemessene Hilfe in noch belastendere Situationen zu zwingen, sondern sie einfach aus dieser Situation herauszuholen. Außerdem sollten wir nicht nur Menschen in solchen Situationen helfen, sondern auch verhindern, dass diese Situationen überhaupt entstehen. Im Kampf gegen Drogen ist unsere beste Waffe der Aufbau einer Zukunft, in der die meisten Menschen etwas haben, wofür sie leben wollen.

Quellen: