WM der Schande – Katar 2022
Seit der WM Vergabe in 2010 kommt von allen Seiten Kritik an der WM in Katar. Regelmäßig werden Rechercheergebnisse veröffentlicht, die jedes mal wieder schockierende Sachen offen legen. Eine Analyse der WM 2022
Dezember 2010 in Zürich. Die FIFA trifft sich, um endgültig über die WM-Vergabe in 2018 und 2022 abzustimmen. Dann kommt es zur Bekanntmachung: Joseph S. Blatter, der damalige Präsident der FIFA, holt einen Zettel aus einem Umschlag und verkündet: “[…] the winner, to organize the 2022 FIFA World Cup is… Qatar.” Der Saal bricht in Jubel aus. Doch schnell wird klar: die WM ist gekauft.
Schon bald beginnt der Bau der Stadien. Und damit wird auch die Kritik an der WM in Katar immer lauter. Schlechte Arbeitsbedingungen, die Menschenrechtslage in Katar und die Temperaturen, unter denen gespielt werden wird, waren nur ein paar Kritikpunkte an der WM in Katar. Doch für die FIFA ist klar: die WM 2022 wird in Katar stattfinden.
Seit einigen Wochen ist es soweit: täglich finden Spiele statt und einige Menschen sind schon richtig in Fußballstimmung. Doch anders als bei den letzten WMs sind es deutlich weniger Menschen. Auf die Frage, wie groß die Vorfreude auf die WM 2022 sei, antworteten 71% der Befragten aus Deutschland, dass sie gar keine Vorfreude verspürten. Die Gründe dafür seien vor allem die Korruption bei der WM-Vergabe und die Menschenrechtslage in Katar.
Katar hat, anders als viele andere Länder auf der Welt, einen Emir als Staatsoberhaupt. Der Emir ist eigentlich wie ein König. Er kann also alles entscheiden, was in dem Land passiert. Im Moment ist Tamim bin Hamad Al Thani Emir von Katar. Schon seit 1850 ist die Familie Al Thani in Katar an der Macht – und steht auch immer wieder in der Kritik wegen Korruption, mittelalterlichen Strafen und vielem mehr.
Katar ist ein kleines Land, vor allem, wenn man es mit seinen Nachbarländern vergleicht. Doch Katar ist ein reiches Land. Sehr reich sogar. Dies kommt vorrangig durch die geographische Lage des Landes. Katar verfügt über riesige Vorräte an Öl und Gas. Doch Reichtum alleine nützt ja nichts. Katar will bekannter werden, das Land solle jedem ein Begriff sein. Also probiert die Regierung, verschiedenste große Sportevents in ihr Land zu holen[mfn]1[/mfn]. So zum Beispiel das seit 1993 jährlich stattfindende Tennisturnier “Qatar ExxonMobil Open”. Darauf folgte die Jugend-WM der FIFA, die Motorrad-WM etc. Doch das Land will komplett an die Spitze. Sie wollen die FIFA Weltmeisterschaft austragen. Nur gibt es dabei ein großes Problem: Aufgrund der geographischen Lage ist es im Sommer sehr heiß. An manchen Tagen kann es bis zu 50°C heiß werden.
Wenn man sich als Land wie Katar für eine WM im Sommer bewirbt, wird die Bewerbung eigentlich aussortiert. Das passiert jedes mal bei etlichen Bewerbungen. Es gab sogar Berichte der FIFA, dass Katar nicht zum Abstimmungsverfahren hätte zugelassen werden dürfen. Diese verschwinden irgendwann und niemand kann sie auffinden. Doch wieso wird Katar nicht aussortiert? Wieso wird ihre Bewerbung zugelassen, obwohl es von den Temperaturen nicht passt, obwohl die Fußballstadien noch gebaut werden müssen, obwohl Katar keine Fußballtradition besitzt?
Das Auswahlverfahren der FIFA läuft so ab: 24 Wahlmänner stimmen darüber ab, wer eine WM austragen darf. Um dabei zu gewinnen, braucht man eine absolute Mehrheit von mindestens zwölf Stimmen. Wenn in einem Wahlgang kein Land mehr als zwölf Stimmen bekommt, scheidet das Land mit den wenigsten Stimmen aus und es geht mit dem nächsten Wahlgang weiter. Am Ende trägt das Land mit den meisten Stimmen die WM aus. So auch bei Katar. Doch wie kann es sein, dass so viele Wahlmänner für Katar stimmen und nicht für die USA, die auch angetreten sind?
WM in Katar gekauft?
Von zwei FIFA Funktionären gibt es Videos, in denen sie darüber sprechen, wie man ihre Stimme kaufen könnte. Drei weitere sollen auch 1,5 Million Euro für ihre Stimme bekommen haben. Von dem FIFA Funktionär Michel Platini, der bekanntgegeben hatte, für die USA stimmen zu wollen, weiß man, dass er sich zehn Tage vor den WM-Vergaben zu einem Mittagessen im Elysee-Palast mit dem damaligen Präsident von Frankreich und dem heutigen Emir von Katar traf. Platini änderte seine Meinung und stimmte für Katar. Kurz darauf bekam sein Sohn Laurent Platini einen sehr guten Job als Europamanager bei einem katarischen Staatsfond.
Behandlung der Gastarbeiter
Die WM 2022 wird nun also an Katar vergeben. Nicht allzu lange danach beginnt der Bau der Stadien. Und klar wird auch: mit rechten Dingen geht es dort auf keinen Fall zu. Menschenrechtsorganisationen warnen schon früh vor den unmenschlichen Bedingungen. Dokumentation und Reportagen zeigen die Zustände auf den Baustellen und in den Unterkünften. Manche Arbeiter müssen sich mit 15 Leuten ein Zimmer teilen. Sie schlafen auf dünnen Matratzen, kriegen nicht mehr als Wasser und Brot, und das über Tage, Monate, Jahre hinweg. Sie werden manchmal über Monate nicht bezahlt. Und wenn sie überhaupt bezahlt werden, beträgt der Stundenlohn etwa 2€. Als die Coronapandemie ausbricht, stellten diese Unterkünfte noch ein extra Problem dar. Sehr viele Gastarbeiter stecken sich schnell mit Corona an, viele können nicht arbeiten.
“Man kann den Umgang mit den Gastarbeitern in Katar als Apartheit beschreiben. Eine systematische Rassendiskreminierung. Covid hat letztendlich verdeutlicht, wie ausgegrenzt diese Arbeiter sind.”
Nicolas McGeehan, Autor beim Guardian
Die Gastarbeiter fühlen sich wie in einem Gefängnis. Ohne die Erlaubnis ihres Arbeitgebers können sie ihren Arbeitsplatz nicht verlassen. Auch Rückreisen in ihr Heimatland sind nicht möglich. Durch das sogenannte “Kafala-System” können die Arbeitgeber den Arbeitern die Pässe wegnehmen. Sie haben die volle Kontrolle über die Situation der Arbeiter. 2014 kündigte die FIFA an, das Kafala-System abzuschaffen. Doch nichts passierte.
Aber es bleibt natürlich nicht nur bei schlechten Arbeitsbedingungen. Viele Arbeiter sterben. Dafür gibt es viele Gründe. Arbeiter sterben, weil sie stundenlang ohne Pause in der heißen Sonne standen. Oder Arbeiter, die vom Stadion Fallen, weil sie nicht gut genug gesichert waren. Menschen, die ausgepeitscht werden oder welche, die an Überlastung sterben. Meistens wird den Angehörigen nicht einmal Bescheid gesagt, dass ihr Mann, Vater, Sohn… gestorben ist.
“Der Tot meines Ehemanns hat mir und meiner Tochter unendliches Leid zugefügt. Die WM-Verantwortlichen leben doch in ihrer eigenen Welt. Wir sind ihnen doch egal. In Katar kann sich niemand in mich hineinversetzen. Kein Verantwortlicher hat mich über den Tod von (meinem Mann) informiert”
Renuka Chaudhary
Eine genaue Zahl der Toten ist nicht bekannt. Der Guardian berichtete im Februar 2021 von Recherchen, die offenbarten, dass 6.500 Arbeiter bei dem Bau der Stadien starben. Die Welt bricht in Empörung aus. Amnesty International berichtet von um die 15.000 Menschen, die starben. Eine genaue Zahl steht nicht fest. Doch eins sollte klar sein: Es sind mehr Arbeiter gestorben, als die FIFA behauptet. Die FIFA gibt offiziell bekannt, dass drei Arbeiter beim Bau der Stadien für die WM gestorben seien.
Frauenrechte in Katar
Doch wenn man all die Aspekte mal weglässt und sich das Land als solches anguckt, fällt einem auch noch etwas anderes auf. Frauen und Männer sind in Katar nicht gleichberechtigt. Wenn Frauen sich scheiden lassen wollen, müssen sie sich vorher beispielsweise von einem Gericht bestätigen lassen. Die Frau muss genau beschreiben, was der Grund für diese Entscheidung ist. Männer können sich einfach so scheiden lassen, wie in anderen Ländern auch. Sie brauchen dafür nicht das Einverständnis eines Gerichtes.
Doch die Ungleichberechtigung beginnt nicht erst bei der Scheidung. Auch für die Hochzeit braucht es die Zustimmung eines männlichen Vormundes der Frau.
Wenn eine Frau vergewaltigt wird und sie es zur Anzeige bringt, kann sie wegen “Sex außerhalb der Ehe” verurteilt werden. Das passierte beispielsweise einer Touristin. Zur Diskussion standen für die 27-jährige sieben Jahre Haft und 100 Peitschenhiebe. Das Urteil wurde, vermutlich wegen der Medienaufmerksamkeit, später wieder zurückgezogen.
Auch homosexuelle Menschen werden in Katar diskriminiert und verfolgt. In Katar ist es nämlich verboten, als homosexuelle Person zu existieren. Es kann mit Peitschenhieben bestraft werden.
“Ja, schwul sein ist haram. Aber, wieso ist es haram? Es ist ein geistiger Schaden.”
WM Botschafter Khalid Salman
Journalisten geben sich bei insgesamt 69 Hotels als schwules Paar aus und fragen, ob sie dort ein paar Wochen übernachten können. Drei Hotels sagen offenkundig ab. 20 der angefragten Hotels sagen, dass das Paar dort nur übernachten können, wenn sie es verbergen, dass sie schwul sind, 33 Hotels haben keine Probleme damit und 13 antworteten nicht oder stehen zu dem Zeitpunkt nur als Quarantäne-Hotels zur Verfügung. Auch werden die Journalisten darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit die Polizei bereits Gäste aus dem Hotel geholt habe.
Auch die Kosten der WM sind eine Ausnahme dieses Mal. Wo die Kosten von 1994 bis 2018 jeweils auf zwischen 0,5 und 15 Milliarden US-Dollar beliefen, kostete die WM in Katar 220 Milliarden US-Dollar, also achtmal so viel wie alle WMs von 1994 bis 2018. Das liegt natürlich daran, dass in Brasilien, Russland, Japan, Frankreich, Deutschland etc. überall schon viele Hotels, Stadien, Flughäfen und weitere wichtige Bestandteile eines solchen Events vorhanden waren. Diese mussten in Katar größtenteils noch gebaut werden.
All diese Punkte zeigen, dass das eine unglaublich schlechte Idee ist, die WM in Katar auszutragen. Und an all diesen Problemen sind natürlich verschiedene Parteien beteiligt. Das geht über Katar und die FIFA bis hin zu jedem Land, das daran teilnimmt und jedem einzelnen Menschen, der die WM guckt und das Land und die FIFA somit grundlegend unterstützt.
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